ETH-Forscher haben einen neuartigen Sensor entwickelt, der bei Kontakt mit menschlichem Atem sofort messen kann, ob eine Person unter Diabetes Typ 1 leidet.
Es kein Stich mehr in den Finger nötig.
Zwar findet man auch bei gesunden Personen Azeton in der Ausatmungsluft. Die Konzentration beträgt jedoch nur rund 900 ppb (Partikel pro Milliarde), bei Personen, die an Diabetes Typ 1 leiden, sind es fast doppelt so viele. Im Fall einer Ketoazidose liegt der Wert sogar noch höher. Der an der ETH Zürich entwickelte Sensor funktioniert deshalb so gut, weil er selbst 20 ppb Aceton noch messen kann und er auch bei extrem hoher Luftfeuchtigkeit von über 90 Prozent – wie bei der Atemluft – sehr präzise arbeitet.
In der Ausatmungsluft ist Azeton enthalten. Ein neuartiger Sensor (a) kann dieses Molekül schon in kleinen Konzentrationen aufspüren. Dafür verantwortlich ist eine Schicht aus Wolframoxid-Silikon, das dank speziellem Verfahren schwammartig porös wird.
Den neuartigen Sensor stellten Sotiris Pratsinis, Professor für Partikel-Technologie am Institut für Verfahrenstechnik, und seine Mitarbeiter in der Fachzeitschrift ACS Analytical Chemistry vom 1. Mai 2010 vor. Die Wissenschaftler haben für den Sensor einen Träger mit Gold-Elektroden verwendet, und diesen mit einem hauchdünnen Halbleiter-Film aus einem Gemisch von Nanopartikeln beschichtet. Diese Nanopartikel bestehen aus Wolframoxid, das mit Silikon versetzt wird und dadurch die Empfindlichkeit des Sensors erheblich verbessert. Diese Mixtur wird in einer über 2200° C heissen Flamme erzeugt. Dabei steigen die Nanopartikel in einer grüngelben Wolke auf und haften am Trägersubstrat, welches die Forschenden mit Wasser abkühlen. Durch dieses rasche Erhitzen und Abkühlen entsteht eine glasartige Halbleiter-Schicht auf der Elektrode.
Mit hochauflösenden Elektronenmikroskopen beobachteten die Forscher, dass das aufgedampfte Material eine ungewöhnliche schwammartige Struktur aufweist. In diesen Poren verfangen sich die Azetonmoleküle und beginnen mit dem Wolframoxid zu reagieren. Ist in der Atemluft viel Azeton enthalten, sinkt der elektrische Widerstand des Materials. Zwischen den Elektroden fliesst mehr Strom und erzeugt ein entsprechend starkes Signal. Bei geringen Azetonkonzentrationen hingegen bleibt der Widerstand bestehen.
Ein Prototyp des Diabetessensors. Dank der geringen Grösse könnte er in ein günstiges tragbares Gerät zur Selbstdiagnose eingebaut werden.
Noch liegt der Sensor erst als Prototyp auf. Sotiris Pratsinis sucht zurzeit nach einem Partner aus der Medizin, um daraus ein alltagstaugliches Messgerät zu entwickeln.
Nichtinvasive Methoden zur Diagnose von Krankheiten werden immer wichtiger. Die Analyse von Atemluft ist dabei zentral. Sie ist schnell, billig und einfach anzuwenden. Die Atemluft besteht zur Hauptsache aus einer Mischung von Stickstoff, Sauerstoff, Kohlendioxid und Wasser sowie aus über 1000 flüchtigen Stoffen, die teils nur in sehr kleinen Konzentrationen vorliegen. Darunter befinden sich auch flüchtige organische Verbindungen, die der Körper selbst produziert. Einige sind typisch für bestimmte Krankheiten und dienen als Marker, wie eben Azeton für Diabetes Typ 1.
Das Projekt für die Entwicklung von Nanoapplikationen war möglich dank Geldern des Schweizerischen Nationafonds, um welche sich Pratsinis erfolgreich beworben hat. Antonio Tricoli, Doktorand am Institut, wurde für den Material Research Prize 2010 nominiert, der im Rahmen des MRC Graduate Symposiums vom 10. Mai verliehen wird.