Die Arbeitsgruppe zum Urheberrecht (AGUR12), die von Bundesrätin Simonetta Sommaruga im August 2012 einberufen wurde, hat ihren Schlussbericht veröffentlicht. In der Arbeitsgruppe haben Kunstschaffende sowie Vertreterinnen und Vertreter der Produzenten, der Wirtschaft, der Nutzer und der Konsumenten während gut einem Jahr die zahlreichen Kritikpunkte am Urheberrecht im digitalen Zeitalter zusammengetragen und intensiv diskutiert. Als Ergebnis schlägt die AGUR12 ein Massnahmenpaket mit fünf Schwerpunkten vor: Verbesserung der Information für die Konsumenten, Ausbau und damit Steigerung der Attraktivität legaler Angebote, Vereinfachung der Bekämpfung der Piraterie, Steigerung der Effizienz und Transparenz der Verwertungsgesellschaften sowie Anpassung der Schranken des Urheberrechts an die neusten Entwicklungen. Diese Empfehlungen richten sich teils an die Rechteinhaber und die Verwertungsgesellschaften, teils an den Gesetzgeber und die Verwaltung. Downloads vom Internet sollen zulässig bleiben; unbewilligte Uploads dagegen bleiben verboten.
Bezüglich der Piraterie gilt die grosse Sorge der Kunstschaffenden und der Produzenten Unternehmen, die kommerziell Piratenwebseiten betreiben. Diese konkurrenzieren in unfairer Weise legale Angebote und entziehen sich durch geschickte Standortwahl oder technische Verschleierungen dem Zugriff. In der Schweiz befindliche Access Provider sollen deshalb nach Vorstellung der AGUR12 auf behördliche Anweisung hin in schwerwiegenden Fällen den Zugang zu Webportalen mit offensichtlich illegalen Quellen über IP- und DNS-Blocking sperren. Die Sperrung bewilligter Inhalte zusammen mit nicht bewilligten Inhalten (Overblocking) ist dabei von der zuständigen Behörde so weit wie möglich zu vermeiden. Sämtliche Sperrmassnahmen sind durch die zuständige Behörde in geeigneter Form öffentlich bekannt zu machen und dürfen die technische Funktionsfähigkeit des IP- oder DNS-Systems nicht gefährden. Die Schranke für schwerwiegende Fälle ist dabei so anzusetzen, dass der Access Provider nicht übermässig Sperrmassnahmen einrichten muss. Die Rechteinhaber sollen die Access Provider für den Aufwand, der ihnen durch die Zugangssperren entstehen, angemessen entschädigen. Die dafür erforderlichen gesetzlichen Grundlagen sind zu schaffen und eine gerichtliche Überprüfung muss gewährleistet sein.
Von einer Verfolgung der Internet-User hält die AGUR12 indessen wenig. Access Provider sollen Anschlussinhaber auf behördliche Anweisung hin zwar bekanntgeben müssen, aber nur dann, wenn der User in grossem Ausmass rechtswidrig in Tauschbörsen Inhalte anbietet, und erst nach einem vorgängigen aufklärenden Hinweis, den der Access Provider dem Anschlussinhaber auf Aufforderung des Rechteinhabers oder einer zuständigen Behörde zustellt. Dadurch soll über die Rechtslage informiert werden. Dieses zusätzliche Instrument würde die bestehende Situation nicht verschärfen, im Gegenteil: Zurzeit haben die Rechteinhaber nämlich bereits die Möglichkeit, Strafanzeige zu stellen. Bei einer Urheberrechtsverletzung drohen deshalb jederzeit eine unangekündigte Hausdurchsuchung und eine Beschlagnahmung des Computers. Neu hat der Anschlussinhaber die Möglichkeit, eine Verfolgung abzuwenden, indem er aufgrund des aufklärenden Hinweises entsprechende Vorkehrungen trifft, beispielsweise wenn er den Zugang zu seinem Anschluss passwortsichert.
Die Tätigkeit öffentlicher Bibliotheken, Museen oder Archive hat sich mit dem Internet stark verändert. Die Arbeitsgruppe schlägt deshalb die Schaffung einer gesetzlichen Erlaubnis vor, Bestandsverzeichnisse neu mit Inhaltsangaben zu versehen. Ausserdem empfiehlt sie, zu prüfen, wie die Urheberrechte bei Social Media Plattformen gewahrt werden können.
Effizienz und Transparenz bei den Verwertungsgesellschaften
Die Verwertungsgesellschaften nehmen in der schweizerischen Kulturlandschaft eine wichtige Stellung ein. Vielen Künstlern sichern sie einen wesentlichen Verdienstbestandteil und beispielsweise Internetfernsehen wäre ohne den einfachen Rechteerwerb über die Verwertungsgesellschaften und die dadurch entstehende Rechtssicherheit gar nicht möglich. Nach dem Willen der AGUR12 sollen die Verwertungsgesellschaften zusätzliche Schritte bezüglich Transparenz und Effizienz unternehmen. Die Verwertung soll weiter vereinfacht werden, und die Möglichkeiten der elektronischen Datenverarbeitung sollen besser ausgeschöpft werden. Zudem soll das Verfahren der Tarifgenehmigung durch die zuständige Behörde gestrafft werden.
Legale Angebote fördern und Mehrfachbelastungen vermeiden
Diese Massnahmen sollen schliesslich auch zu attraktiveren legalen Angeboten führen und so eine zentrale Forderung der Konsumentinnen und Konsumenten erfüllen. Dabei ist es unerlässlich, auch allfällige rechtliche Hindernisse für das Entstehen legaler Angebote auszuräumen und unbeabsichtigte Mehrfachbelastungen zu vermeiden. Die AGUR12 empfiehlt eine weitgehende Haftungsbefreiung von Internet Service Providern, die sich am europäischen Recht orientiert. Damit schliesst sich der Kreis; denn attraktive legale Angebote sind eines der wirksamsten Mittel zur Bekämpfung der Piraterie.