21. Pfizer Forschungspreis für Medizin verliehen

Eingesperrte Schmarotzer, injizierbare Herzklappen, Burnout bei Abwehrzellen – darum geht es bei drei der sechs Forschungsarbeiten, die heute in Zürich mit dem Pfizer Forschungspreis ausgezeichnet werden. Der mit 150’000 Schweizer Franken dotierte Preis geht in diesem Jahr an drei Forscherinnen und sieben Forscher. Sie werden für ihre herausragenden medizinischen Forschungsleistungen geehrt, die in Zürich, Genf und Lausanne entstanden. Bis und mit heute wurden 228 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mit dem Preis ausgezeichnet und mit dem Preisgeld von rund 5.1 Millionen Schweizer Franken die medizinische Forschung in der Schweiz gefördert.

Pfizer Forschungspreis
Pfizer Forschungspreis – führende Auszeichnung für Schweizer Spitzenforschung

Der Pfizer Forschungspreis für Medizin ist einer der bedeutendsten Medizin Forschungspreise der Schweiz und wird seit 1992 jährlich von der Stiftung Pfizer Forschungspreis verliehen. Er geht an junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die an Schweizer Forschungsinstituten oder Spitälern herausragende und zukunftsweisende Beiträge im Bereich Grundlagenforschung oder klinische Forschung erbracht haben. „Die Förderung begabter junger Menschen mit dem Pfizer Forschungspreis ist für unser Unternehmen ein langfristiges Engagement und eine wertvolle Investition in die Entwicklung neuer therapeutischer Ansätze „, so Dr. Ralph Studer, Managing Director der Pfizer AG und Mitglied des Stiftungsrates.

Die Stiftung Pfizer Forschungspreis wurde 1991 als Ausdruck des Engagements der Firma Pfizer in der pharmazeutischen Forschung gegründet. Sie vergibt auf Antrag von unabhängigen wissenschaftlichen Kommissionen vier Preise, mit denen, dem Stiftungszweck entsprechend, die Forschung in der Schweiz gefördert werden soll.

Preisverleihung 2012 – sechs Forschungsarbeiten ausgezeichnet

Pfizer Forschungspreis 2012

In diesem Jahr wird in allen vier ausgeschriebenen Fachbereichen Herzkreislauf, Urologie und Nephrologie; Infektiologie, Rheumatologie und Immunologie; Neurowissenschaften und Erkrankungen des Nervensystems sowie Onkologie je eine Arbeit mit dem Preis geehrt. Wegen der exzellenten Qualität der eingereichten Forschungsarbeiten werden zwei weitere Forschungsarbeiten mit einem Sonderpreis gewürdigt. Vier der prämierten Arbeiten stammen aus der Grundlagenforschung, zwei aus der klinischen Forschung.
Preisgekrönte Forschungsarbeiten aus Zürich, Genf und Lausanne.

Ralph Studer, Managing Director Pfizer AG; Dr. Joana M. Santos; Dr. Stefan Christian Metzler; Dr. Jean-Phillippe Theurillat; Dr. med. Benedikt…

Ralph Studer, Managing Director Pfizer AG; Dr. Joana M. Santos; Dr. Stefan Christian Metzler; Dr. Jean-Phillippe Theurillat; Dr. med. Benedikt…

Drei der sechs prämierten Forschungsarbeiten entstanden in Zürich:
Neue Herzklappe per Katheter

Die Methode ist ebenso elegant wie bestechend: Anstatt Brustkorb und Herz aufzuschneiden, injizierten Benedikt Weber und Maximilian Emmert vom Universitätsspital Zürich eine neue Klappe ins Herz. Sie war mit körpereigenen Zellen bestückt, die kurz vor der Operation aus dem Knochenmark entnommen wurden. Deshalb wurde sie vom Körper problemlos akzeptiert. (Weitere Informationen am Ende der Mitteilung.)

Preisträger: Dr. Benedikt Weber und Dr. Maximilian Y. Emmert, UniversitätsSpital Zürich, für ihre Forschungsarbeit „Herstellung und Funktion injizierbarer lebender Herzklappen basierend auf Knochenmarkszellen“ im Fachbereich Herzkreislauf, Urologie und Nephrologie.
Wo der Eierstock-Krebs verwundbar ist

Eierstock-Krebs gehört zu den gefährlichsten Tumorerkrankungen. Oft nützt die Chemotherapie nur wenig. Eine entscheidende Rolle spielt das URI-Gen, das in vielen dieser Tumorzellen dutzendfach vorkommt. Es führt dazu, dass sie übermässig viel eines bestimmten Eiweissstoffs produzieren, der ihr Absterben verhindert. Jean-Philippe Theurillat (ETH) und Stefan Metzler (UniversitätsSpital Zürich) haben an der ETH und am UniversitätsSpital Zürich die grosse Bedeutung des URI-Gens für die Krebszellen erkannt – und damit eine wichtige Stelle gefunden, an der sie angreifbar sind. (Weitere Informationen am Ende der Mitteilung.)

Preisträger: Dr. Nicole Joller und Dr. Stefan S. Weber, ETH Zürich, für ihre Forschungsarbeit „Wie Antikörper gegen intrazelluläre Bakterien schützen“ im Fachbereich Infektiologie, Rheumatologie und Immunologie.
Der lange Arm der Antikörper

Antikörper halten sich ausserhalb von Körperzellen auf. Wie sie dennoch gegen Bakterien, die sich im Innern von Zellen vermehren, helfen, haben Nicole Joller und Stefan Weber an der ETH Zürich herausgefunden. Die beiden Zürcher Forscher erweitern damit eine jahrzehntealte Lehrmeinung. Ihre Erkenntnisse könnten bei der Entwicklung von Impfstoffen gegen die gefürchtete Legionärskrankheit oder die Tuberkulose helfen.(Weitere Informationen am Ende der Mitteilung.)

Preisträger: Dr. Nicole Joller und Dr. Stefan S. Weber, ETH Zürich, für ihre Forschungsarbeit „Wie Antikörper gegen intrazelluläre Bakterien schützen“ im Fachbereich Infektiologie, Rheumatologie und Immunologie.
Drei prämierte Forschungsarbeiten aus Lausanne und Genf:
Was Gehirn und Kohl gemeinsam haben

Bewusste Gedanken ähneln in ihrem zeitlichen Aufbau dem Romanesco. Genau wie das Kohlgemüse bestehen sie aus kleinen Einzelteilen, die aussehen wie das grosse Ganze und umgekehrt. Zu dieser erstaunlichen Erkenntnis kamen Juliane Britz und Dimitri Van De Ville an der EPFL und der Universität Genf. Der so genannte fraktale Aufbau ermöglicht es dem Gehirn, trotz immer gleichen Regeln flexibel zu reagieren. (Weitere Informationen am Ende der Mitteilung.)

Preisträger: Prof. Dimitri Van De Ville und Dr. Juliane Britz; EPFL und Universität Genf, für ihre Forschungsarbeit „Das Gehirn im Ruhezustand: ein wohlorganisiertes Chaos mit fraktaler Struktur“ im Fachbereich Neurowissenschaften und Erkrankungen des Nervensystems.
Zellen mit Burnout

Burnout gibt es nicht nur bei Menschen, sondern auch bei Abwehrzellen. Das ist der Grund, warum Zellen, die schwarzen Hautkrebs bekämpfen können, im entscheidenden Moment schlapp machen. Lukas Baitsch hat an der Universität Lausanne solche erschöpften Krebs-Abwehrzellen im Detail untersucht. Dank seiner aufwendigen Arbeit ist nun bekannt, an welchen Genen und Eiweissstoffen der Hebel angesetzt werden könnte, damit sie wieder fit werden. (Weitere Informationen am Ende der Mitteilung.)

Preisträger: Dr. Lukas Baitsch, Universität Lausanne, für seine Forschungsarbeit „Erschöpfte Immunzellen in Metastasen von Patienten mit schwarzem Hautkrebs“ im Fachbereich Onkologie.
Schmarotzer unschädlich machen

Wie kann man Schmarotzer einsperren und unschädlich machen? Das fand Joana Santos an der Universität Genf heraus. Die Mikrobiologin erforschte eine Gruppe von Parasiten, die jährlich über 650’000 Todesfälle verursachen. Am Beispiel der Toxoplasmose – einer bei schwangeren Frauen gefürchteten Erkrankung – fand Santos den Eiweissstoff, der den Schädlingen das Signal zur Vervielfältigung gibt. Konnte sie verhindern, dass der „Schwanz“ dieses Eiweiss-Moleküls abgeschnitten wurde, waren die Parasiten im Innern von Zellen gefangen und unfähig, sich zu vermehren. Damit liefert Santos einen möglichen Ansatzpunkt zur Bekämpfung verschiedenster Infektionskrankheiten. (Weitere Informationen am Ende der Mitteilung.)

Preisträgerin: Dr. Joana M. Santos, Universität Genf, für ihre Arbeit „Intramembranäre Spaltung von AMA1 induziert bei Toxoplasma das Umschalten in einen Replikationsmodus“ im Fachbereich Infektiologie, Rheumatologie und Immunologie.

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Neue Herzklappe per Katheter
Titel der Arbeit: „Herstellung und Funktion injizierbarer lebender Herzklappen basierend auf Knochenmarkszellen“
Dr. Benedikt Weber, Dr. Maximilian Y. Emmert; UniversitätsSpital Zürich

Die Methode ist ebenso elegant wie bestechend: Anstatt Brustkorb und Herz aufzuschneiden, injizierten Benedikt Weber und Maximilian Emmert eine neue Klappe ins Herz. Sie war mit körpereigenen Zellen bestückt, die kurz vor der Operation aus dem Knochenmark entnommen wurden. Deshalb wurde sie vom Körper problemlos akzeptiert.

Nach zwei Stunden war der im Vergleich zur herkömmlichen Operation kleine Eingriff vorüber. Die neue Herzklappe öffnete und schloss sich – und wurde bereits von eingewanderten, körpereigenen Zellen besiedelt. Sehr rasch ersetzte der Körper die Knochenmarkzellen durch neu gebildetes Herzklappen-Gewebe.

Derzeit werden in der Schweiz jährlich mehr als 2’000 neue Herzklappen eingesetzt. Weltweit sind es etwa 300’000 – Tendenz steigend. Bis zum Jahr 2050 rechnen Fachleute damit, dass jedes Jahr über 850’000 Menschen eine neue Herzklappe benötigen werden. Bisherige Klappenprothesen aus künstlichem Material oder fremdem Gewebe bergen jedoch Probleme: Sie wachsen bei Kindern nicht mit, können gefährliche Blutgerinnsel verursachen oder nach etwa zehn Jahren schlapp machen. Benedikt Weber und Maximilian Emmert haben ihre Methode bisher an älteren Tieren erfolgreich getestet. Für die Patienten hätten solche injizierbaren, „lebenden“ Herzklappen mehrere Vorteile: Das Aufschneiden des Brustkorbs sowie die Herz-Lungen-Maschine erübrigten sich, die neue Herzklappe würde vom Körper problemlos akzeptiert und der Patient müsste voraussichtlich nach dem Eingriff nicht lebenslang Blutverdünner einnehmen, um gefährlichen Blutgerinnseln vorzubeugen. Ausserdem, so ist zu erwarten, halten „lebende“ Klappen länger als bisherige Klappenprothesen – und sie könnten bei Kindern sogar mitwachsen. Das würde ihnen weitere Eingriffe ersparen.

Wo der Eierstock-Krebs verwundbar ist
Titel der Arbeit: „URI: ein neues Onkogen in Eierstocktumoren“
Dr. Jean-Philippe Theurillat, Dr. Stefan Christian Metzler; ETH Zürich und UniversitätsSpital Zürich

Die Prognose ist – verglichen mit anderen Krebsarten – immer noch schlecht: Eierstock-Krebs gehört zu den tückischsten bösartigen Erkrankungen. Aber auch er hat eine „Achillesferse“. Jean-Phillipe Theurillat und Stefan Metzler haben sie entdeckt.

Sie untersuchten das feine Zusammenspiel der lebenserhaltenden und -vernichtenden Faktoren. In gesunden Zellen halten diese die Balance. Bei Tumorzellen aber gerät das Gleichgewicht aus den Fugen: Dort dominieren die lebenserhaltenden Kräfte derart, dass sich die Zellen unkontrolliert vermehren. Eine besondere Rolle spielt dabei ein Gen namens URI. Es kommt in gesunden Zellen nur zweimal vor, in manchen Krebszellen dagegen dutzendfach – mit fatalen Folgen, wie Jean-Philippe Theurillat und Stefan Metzler zeigen konnten. Die Vervielfältigung des Gens sorgt dafür, dass die Tumorzelle das URI-Eiweiss im Überschuss bildet. Dies bremst jene Kräfte, die unter normalen Umständen dafür sorgen würden, dass eine Zelle abstirbt, wenn sie (beispielsweise durch Chemikalien) geschädigt ist. Viele Eierstock-Tumorzellen, aber auch Magen-, Lungen- und weitere Krebsarten, produzieren das Molekül übermässig. Je mehr URI-Eiweiss, umso schlechter spricht der Krebs auf die Chemotherapie an, und umso schlechter sind die Aussichten für die Patientin, fanden die beiden Krebsforscher heraus. Aber sie entdeckten noch etwas: Tumoren, die besonders viel URI enthalten, sind abhängig von diesem Eiweissstoff. Ohne ihn können diese Geschwülste nicht wachsen. Das macht sie angreifbar. Könnten neue Medikamente an dieser Achillesferse ansetzen, wäre vor allem Eierstock-Krebs, aber auch andere bösartige Tumoren, hart getroffen.

Der lange Arm der Antikörper
Titei der Arbeit: „Wie Antikörper gegen intrazelluläre Bakterien schützen“
Dr. Nicole Joller und Dr. Stefan S. Weber; ETH Zürich

Antikörper sorgen ausserhalb von Zellen für eine Immunabwehr – diese Lehrmeinung galt in der Medizin jahrzehntelang. Nicole Joller und Stefan Weber konnten nun aber beweisen, dass Antikörper auch bei der Abwehr von Bakterien helfen, die im Innern von Körperzellen leben.

Die beiden Wissenschaftler untersuchten die Immunabwehr gegen so genannte Legionellen. Das sind Bakterien, die bei Menschen schwere Lungenentzündungen hervorrufen können; mehr als sechs Prozent der Erkrankten sterben. Um sich zu vermehren, dringen die Legionellen in bestimmte Abwehrzellen in der Lunge ein. Gleichzeitig legen sie die Abwehr dieser Zellen lahm. Letzteres funktioniert jedoch nicht, wenn der Körper schon einmal Kontakt mit der Bakterienart hatte. Nach dem ersten Kontakt bildet das Immunsystem spezifische Antikörper gegen Legionellen. Sie dienen als „Immungedächtnis“. Beim zweiten Kontakt erkennen die Antikörper die Bakterien und geben deren Zielzelle ein Signal. Dadurch wird die Zelle aktiv: Sie schafft es nun, die Erreger an den Ort in ihrem Innern zu bugsieren, wo sie zerstört werden können, fanden Nicole Joller und Stefan Weber heraus. Doch das war nicht alles. Das Signal allein genügt bereits, und die Abwehrzellen wappnen sich gegen Legionellen. Derselbe Mechanismus, entdeckten die Biochemikerin und der Mikrobiologe, funktioniert auch bei den gefürchteten Tuberkulose-Bakterien. Sie vermehren sich ebenfalls im Innern von Zellen. Jollers und Webers Erkenntnisse erweitern nicht nur die bisherige Lehrmeinung. Sie eröffnen vor allem neue Möglichkeiten für Impfstoffe gegen Bakterien, die sich im Innern von Zellen vermehren.

Was Gehirn und Kohl gemeinsam haben
Titel der Arbeit: „Das Gehirn im Ruhezustand: ein wohlorganisiertes Chaos mit fraktaler Struktur“
Prof. Dimitri Van De Ville, Dr. Juliane Britz; EPFL und Universität Genf

Kann man Gedanken messen? Und wenn ja: wie sehen sie aus? Im Aufbau ähneln sie einem Gemüse, dem Romanesco. Zu dieser verblüffenden Erkenntnis kamen Juliane Britz und Dimitri Van De Ville. Sie untersuchten die Gehirne gesunder Testpersonen mit Hilfe eines Kernspintomografen und indem sie zugleich deren elektrische Aktivität registrierten (EEG, Elektro-Enzephalogramm).

Bereits in den 1970er-Jahren hatten Forscher herausgefunden, dass das EEG Gedanken abbilden kann. Bei Erregung ändert sich die elektrische Aktivität einer Hirnzelle. Arbeiten Millionen von Nervenzellen in unterschiedlichen Regionen zusammen, wie dies beim Denken geschieht, verändert sich auch das elektrische Feld des Gehirns, das man an der Kopfhaut messen kann.

Erstaunlicherweise ändert sich dieses Feld aber nicht stetig, sondern sprunghaft: Es bleibt für kurze Momente (etwa 100 Millisekunden) stabil – ein so genanntes Mikrostadium. Jeder Gedanke besteht aus einer typischen Abfolge solcher Mikrostadien, von denen es vier verschiedene Typen gibt. „Das lässt sich mit vier Buchstaben vergleichen. Je nach Kombination ergeben sie verschiedene Worte“, sagt Dimitri Van De Ville. Zur ihrer Überraschung entdeckten Britz und Van De Ville die gleiche Abfolge von Stadien auch auf den Aufzeichnungen der Hirnaktivität im Kernspintomografen – nur dauern sie dort 100-mal so lang, ganze zehn Sekunden. „Man kann es sich so vorstellen, dass das Hirn mit den immer gleichen Regeln aus Buchstaben Wörter bildet, aus den Wörtern Sätze und daraus ganze Geschichten“, erläutert Juliane Britz. Mit Hilfe mathematischer Berechnungen konnten die Forscher beweisen, dass das Hirn bewusste Gedanken zeitlich nach demselben Schema aufbaut wie die Natur einen Farn oder den Romanesco. Letzterer besteht aus winzigen Kegeln. Sie sind so angeordnet, dass sie zusammen einen etwas grösseren Kegel formen, der wiederum Teil eines noch grösseren Kegels ist usw.. Der ganze Kohl sieht also genauso aus wie seine einzelnen Bausteine – und umgekehrt. Mathematiker nennen diese Wiederholung von Strukturen in sich selbst „Fraktale“. Für das Hirn, und damit das Denken, habe dieser fraktale Aufbau den Vorteil, dass er aus festen Grundelementen bestehe, die aber jederzeit verändert werden könnten, sagt Dimitri Van De Ville. Das erlaubt, wenn nötig, schnelle Anpassung, zum Beispiel beim Lernen. „Das Gehirn arbeitet weder starr determiniert, noch chaotisch – es befindet sich zwischen diesen beiden Polen und kann deshalb flexibel reagieren.“ Bei manchen Erkrankungen geht diese Fähigkeit jedoch verloren. Das zeigt sich auch im EEG. Patienten mit Schizophrenie beispielsweise haben ungewöhnlich kurze Mikrostadien. Im nächsten Schritt wollen die Hirnforscher nun untersuchen, wie sich diese Muster bei bestimmten Erkrankungen verändern, ob sie sich zum Abschätzen der Prognose eignen und welchen Einfluss Medikamente auf sie haben.

Zellen mit Burnout
Titel der Arbeit: „Erschöpfte Immunzellen in Metastasen von Patienten mit schwarzem Hautkrebs“
Dr. Lukas Baitsch, Universität Lausanne

Warum zeigen Impfungen gegen schwarzen Hautkrebs bisher nur wenig Erfolg? Weil die Abwehrzellen, die den Tumor bekämpfen sollen, im entscheidenden Moment am Burnout leiden. Das ist das Ergebnis einer aufwendigen Forschungsarbeit von Lukas Baitsch und seinen Kollegen.

In über dreijähriger Arbeit verglichen sie Abwehrzellen, die darauf „abgerichtet“ waren, Krebszellen zu bekämpfen, mit solchen, die auf Viren spezialisiert sind. Dabei analysierte Baitsch Zehntausende von verschiedenen Molekülen und Genen. Das Ergebnis: Solange die aufs Bekämpfen von Krebszellen trainierten Zellen im Blutkreislauf zirkulieren, sind sie einsatzbereit. Was ihre Fitness betrifft, unterscheiden sie sich dann kaum von Abwehrzellen, die erfolgreich Viren in Schach halten. Kaum aber erreichen die Anti-Krebs-Zellen ihren Zielort, den schwarzen Hautkrebs, sind sie erschöpft und wie gelähmt. Dank der Forschungsarbeit von Lukas Baitsch sind jetzt aber die Gene und Eiweissstoffe bekannt, an denen der Hebel angesetzt werden könnte, damit aus den erschöpften Abwehrzellen wieder tatkräftige Kämpfer werden.

Schmarotzer unschädlich machen
Titel der Arbeit: „Intramembranäre Spaltung von AMA1 induziert bei Toxoplasma das Umschalten in einen Replikationsmodus“
Dr. Joana M. Santos, Universität Genf

Sie töten weltweit jede Minute einen Menschen, stürzen Eltern in Verzweiflung oder Tierhalter ins Unglück. Die so genannten „Apicomplexa-Parasiten“ sind eine grosse Gruppe von Schmarotzern. Sie verursachen so gefährliche Infektionen wie die Malaria, sind seit Tausenden von Jahren aktiv und arbeiten sehr ökonomisch. Letzteres könnte ihnen nun aber zum Verhängnis werden. Am Beispiel der Toxoplasmose, die zu schweren Behinderungen bei Neugeborenen führen kann, hat Joana Santos versucht, die Parasiten zu stoppen. Mit Erfolg: Sie fand heraus, wie sie diese Schädlinge in einer Körperzelle einschliessen kann. Darin gefangen, können sie sich weder vervielfältigen noch weiter im Körper ausbreiten. Entscheidend sind zwei Eiweissstoffe in der Hülle der Toxoplasmose-Erreger, erkannte Santos. Einer unterstützt die Schädlinge dabei, in die Zelle einzudringen. Vor allem aber erledigt er einen zweiten Job: Er spaltet den zweiten Eiweissstoff und schneidet ihm den „Schwanz“ ab – für die Parasiten das Signal zur Vermehrung. Bleibt der zweite Eiweissstoff hingegen intakt, sind die Erreger in der Zelle gefangen, entdeckte Santos. Die beiden Eiweissstoffe kommen bei einer Vielzahl von Apicomplexa-Parasiten vor, nicht aber beim Menschen. Falls sie bei allen Apicomplexa-Gattungen dieselbe wichtige Funktion erfüllen, eröffnet Santos‘ Forschung neue Ansatzpunkte bei der Bekämpfung einer ganzen Reihe von Infektionskrankheiten bei Mensch und Tier. Das renommierte Wissenschaftsmagazin „Science“ stufte ihre Erkenntnisse als so bedeutsam ein, dass es sie „express“ veröffentlichte.

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